Fotogalerie: Der Tollste Tag - Turrini, VBB'08

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Der Tollste Tag

Mit Gerti Drassl, Sami Loris, Marie-Therese Futterknecht, Erwin Windegger, Peter Drassl, Inge Maux, Andreas Robatscher, Florian Adamski, Hermann Kogler, Peter Hladik und Josef Lanz

Bühne Andreas Lungenschmid

 

Kritiken

Ein Stadtskandal (manche wollen ihn gezielt, ich arbeitete der Liebe zu und schaffte ihn mühelos!)

DREI REZENSIONEN AUF EINER GANZEN SEITE IN DER WICHTIGSTEN ZEITUNG SÜDTIROLS

DIE ÜBERSCHRIFT DER SEITE:

„SO ETWAS HAT BOZEN NICHT VERDIENT“

 

„NICHT AM SCHWANZ ERWISCHT“

„VIEL LÄRM UM NICHTS“

 

„Regisseurin Nina C. Gabriel macht die Täuschung zum Fundament ihrer Inszenierung. Am Ende löst sich der Konflikt auf Mord und Totschlag sogar in Bussi-Bussi Wohlgefallen auf. Alle stehen wieder auf… Die Darsteller sind Spuckgestalten, die einen Auftrag erfüllen. Die Inszenierung hat kein Ziel, sie lässt die rotzige Energie der Vorlage im Ungefähren verpuffen.“

(FF, 2.10.08)

 

„Der Trend der Moderne geht wieder zum Theater des Naturalismus und eine sehr konkrete Aufführung mit Fäkalien, Derbheiten und Perversion boten die VBB zur Saisoneröffnung mit Peter Turrinis „Der tollste Tag“

„Das Theater wohnt im Bauch und wenn es besonders edel ist, in den Genitalien“, meint der österreichische Dramatiker Peter Turrini. Regisseurin Nina C. Gabriel hat Turrini zwar beim Wort genommen, aber beim Schwanz hat sie ihn nicht gepackt. Ihre edle Bühnengesellschaft grapscht, wichst, bumst und bläst zwar, aber so etwas wie Lust wird kein bisschen greifbar. Doch die Relativierungs-Regie macht auch die beiden Unschuldskinder Figaro und Susanna scharf, als Figaro seinem Herren das Haupt und Figara ihrer Herrin die Möse rasiert. Die Arbeiter-Erotik ist eher schmuddelig als romantisch und wirkt auf der kalten Bühne ziemlich trostlos.“

 

„DAS HAT BOZEN NICHT VERDIENT“

 

„Der Spaß hört dort auf wo sich sprachlos machende Peinlichkeit durchsetzt. Ordinär ist nicht frivol. Zottig nicht raffiniert. Schmutzig nicht Witz und Kritik. Die Schauspieler müssen wohl der Regisseurin gerecht werden und ihr folgen, auch wenn sie in die unterste Schublade greift. Verdreckte Windeln, die der Gerichtsschreiber dem korrupten Richter aus dem talar zieht, um ihn dann oral zu befriedigen, die Zofe Susanne, die Gräfin Almaviva eine Intimrasur verpasst und einige andere Szenen mehr mögen für die Regisseurin wohl entscheidend sein, um das Bild einer dekadenten Aristokratenclique zu zeigen. Wesentlich für die Aufführung sind sie sicher nicht. Tatsache ist, dass aus der angestrebten und streckenweise dank exzellenten schauspielerischen Könnens auch verwirklichten sprühenden Komödie und schonungslosen Gesellschaftskritik letzten Endes ein peinliches, unästhetisches und widerliches Provinzschauspiel wird, das weder Bozen, noch die vereinigten Bühnen in dieser ekelhaften Form verdienen. Theater zieht normalerweise an. Diese Aufführung stößt ab.“

 

„Regisseurin Nina C. Gabriel gesteht dem Dienerpaar vor der Pause eine beinahe opernhafte Liebesszene zu und verweist auf das beabsichtigte Zentrum ihrer Inszenierung: DIE WAHRE LIEBE. Diese hat es schwer. Zum einen, weil sie von Dummheit, Anmaßung und Intrige umgeben ist, zum anderen weil die Vertreter der aristokratischen Hofgesellschaft in dieser Inszenierung in besonderem Maße ihren sexuellen Gelüsten ausgeliefert sind. Ihre unbezwingbar scheinenden Triebe durchwuchern die ganze Aufführung und überwuchern genauso wie die popmusikalische Sehnsuchtsmusik wesentliche Inhalte des Stücks. Die gesellschaftskritische Seite droht dabei unterzugehen. Die Regisseurin muss zu drastischen Mitteln greifen um ihr trotzdem zum Ausdruck zu verhelfen. Schmutzwindeln zeigen schmutziges richterliches Geschäft. Dick aufgetragen ist auch das dazu erfundene Ende.  Arm und Reich, alt und jung fallen sich brüderlich und schwesterlich in die Arme. Das sind der Botschaften zu viele. Verkündet Turrini eine allzu deutliche Botschaft von der Notwendigkeit der Revolution, setzt Nina Gabriel mit ihrer Botschaft von der Versöhnung noch eins drauf. 

Die choreographische sehr raffinierte Inszenierung, die unaufdringliche Kostümierung unterstützen dieses spaßig-ernste-grausame Spiel. Die Rollen sind glücklich besetzt und klar konturiert. Einheimische und Gäste spielen, als ob sie schon lange ein fixes Ensemble sind.“

 

(Drei Rezensionen gleichzeitig auf einer ganzen Seite in den Dolomiten. Zwei davon als Auftrag nach der Premiere geschrieben. Eine gezielte politische Medienhetze gegen mich in der Vorwahlzeit in Bozen. Ein künstlicher Skandal, um die Tatsache zu vertuschen, dass zeitgleich ein katholischer Pfarrer als Kinderschänder geoutet wurde.) 

 

„Ein Stück? Eine Zumutung. Nina C. Gabriel bietet in Bozen eine eigene Variante. Revolte und Empörung? Wenig davon an diesem Abend. Dafür gibt es ein lieto fine. Als ob zuvor nichts geschehen wäre. Warum? Die Antwort bleibt offen. Erlösung und Auferstehung also, wo Peter Turrini mit der Guillotine winkt. Obwohl es das „Unten“ ist, das die Spielmeisterin in diesem Stück vor allem Interessiert. Hier ist kein Unterleib vor Nachstellung sicher. Nina C. Gabriel misstraut der Komödie.“

(Tageszeitung, 30.09.08)

 

 

„Regisseurin Nina C. Gabriel hat das Stück vom Ende her gelesen und alle Figuren mit dicken Strichen gezeichnet. Bis auf die zwei Liebenden, die als einzige echte, edle Gefühle ausdrücken – und glaubhaft darstellen. Hinweise auf die Verderbtheit ergänzen das surreal-barocke Bühnenbild. Der Pfau als Symbol der Hoffart, die Perücken, die hier wie Masken fallen, die Symmetrie der rein äußerlichen Körperpflege. Gegen den Strich bürstet die Popmusik, die per Sprung ins heute Zeitlosigkeit beschwört.“

(Zett, 28.09.08)

...und hier die rezension des Fernsehens. Zufällig nicht manipuliert! :)

„…Susanna, hier gerti Drassl und Figaro, Sami Loris sind die beiden Lichtgestalten im Stück. Wenn sie zusammenkommen, erklingt süßer Soul, ihre Liebe ist schmelzend echt – mit ihr im Herzen lassen sich die Launen der Herrschaften ertragen, wird die Nassrasur im Schambereich zu einem zärtlichen Pas de deux und die Geilheit des Grafen ein Ansinnen, das man mit frecher Klugheit zu vereiteln trachtet. Peter Turrini hat den „tollsten Tag“ auch deswegen geschrieben um zu sehen wie sich der Witz der Spracheeiner absoluten Macht gegenüber behauptet und kam als Realist zu keinem guten Schluss. Die Regisseurin Nina C. Gabriel hat eines noch hinzugefügt, DIE LIEBE UND IHRE STRAHLKRAFT. Gabriel verführt die Zuschauer mit Musik und lasziver Atmosphäre, witzigen Einfällen und köstlichen Szenen. Soweit die Fassade. Nina C. Gabriel nimmt den Autor Turrini ernst und sieht das Theater als moralische Anstalt. Deswegen inszeniert sie das Stück mit jener Leidenschaft, die Turrini auch für dich selbst und seine Arbeit einfordert. Trotzdem, oder gerade deshalb kippt das Ganze aus der Leichtfüßigkeit  vor der Pause in eine Krassheit die mit überdeutlichen und abgeschmackten Bildern arbeitet. Träger dieser Bilder ist etwa die Richterschaft. Es wird so recht die Sau raus gelassen auf der Bühne, die geballte Korruptheit und Gewalt fegt wie ein Sturm alle Zartheit der Gefühle und der unschuldigen Intrigen hinweg.

(RAI Sender Bozen, 27.09.08)